Das Bundeskriminalamt (BKA) und die Polizei Brandenburg haben heute die Kampagne „#dontsendit“ gestartet. Sie soll Kinder und Jugendliche und deren Eltern aufklären und Heranwachsende davon abhalten, selbsterstellte kinder- oder jugendpornografische Bilder zu verbreiten. Wenn sie Nacktbilder erstellen und verschicken, können sie sich leicht strafbar machen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser sagte in einem Statement, solche Nacktaufnahmen seien „keineswegs ein Schulhofspaß“.
Das verwendete Kampagnen-Schlagwort #dontsendit steht für den englischen Satz „Don’t send it“, der mit „Verschick es nicht“ übersetzt werden kann. Zu Beginn der Kampagne hielt sich die Verbreitung des Hashtags in den sozialen Netzwerken allerdings noch in engen Grenzen. Verweise auf #dontsendit gab es etwa bei Twitter (jetzt X) kaum, beim Instagram-Kanal des BKA verzeichnete das Kampagnenvideo nach ein paar Stunden immerhin mehr als 30.000 Aufrufe.
Im Rahmen der Kampagne verweist das BKA auf aktuelle Zahlen im Deliktsbereich „kinder- und jugendpornografische Inhalte“: Über vierzig Prozent der Tatverdächtigen sind unter 18 Jahre alt, wie die polizeiliche Kriminalstatistik 2022 zeige. Als eine Ursache für diese hohe Zahl verweist die Polizeibehörde darauf, dass Teenager Nacktaufnahmen von sich selbst erstellen und teilen.
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Dass die polizeiliche Kriminalstatistik für Delikte im Bereich „Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte“ eine erhebliche Zunahme verzeichnet, ist bekannt: Von 42.500 Verdächtigen im Jahr 2022 sind mehr als 17.500 noch minderjährig. Weniger bekannt ist allerdings, dass gleichzeitig die festgestellten Tatverdächtigen jünger geworden sind.
Sich leicht strafbar machen
Die aktuelle Kampagne knüpft an bestehende Informationsangebote an, die bereits aufklären, dass sich Minderjährige mit selbst erstellten Bildern leicht strafbar machen können. Auch ihre Eltern sind betroffen, beispielsweise bei gemeinsam genutzten Computern oder Cloud-Diensten. Das BKA liefert nun in seiner neuen Vorbeugungskampagne neben zwei Videos auch rechtliche Erläuterungen: „Wenn Kinder, also Personen unter 14 Jahren, Nacktbilder oder -videos von sich fertigen, handelt es sich hierbei um sog. kinderpornografische Inhalte.“
Sowohl die Herstellung als auch der Versand, die Weiterleitung und der Empfang, genauso wie die Speicherung sind nach Paragraph 184b Strafgesetzbuch strafbar. Seit dem Sommer 2021 handele es sich dabei um ein Verbrechen, das mit mindestens einem und bis maximal zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht sei. Die Kinder bleiben allerdings straflos, wenn sie noch nicht strafmündig sind, also vor vollendetem 14. Lebensjahr. Ist diese Altersgrenze erreicht, drohen bei vermeintlichen Späßen im Klassen-Chat erhebliche Strafen.
Aufklärungsquote ist hoch
Bei strafbaren Nacktbildern oder -videos gehen die Vorstellungen und die Realität weit auseinander. Das fängt schon bei der Aufklärungsquote bei der Verbreitung strafbarer Darstellungen an: Anders als viele meinen, ist sie bei kinderpornografischen Delikten sehr hoch: Sie liegt bei 92,5 Prozent.
Bei „kinderpornografischen Inhalten“ assoziieren zudem viele Menschen schwerste Gewalthandlungen von Erwachsenen an Kindern, die weithin als verachtenswert betrachtet werden. Dass Teenager mit Gleichaltrigen Bilder von sich austauschen, wird eher nicht damit verbunden. Denn die politischen Diskussionen in diesem Deliktsbereich drehen sich um ganz andere Tätergruppen als um 15-Jährige, die sich selbst nackt fotographieren. Dass unter den Verdächtigen in Wirklichkeit auch sehr viele Teenager sind, ist zu wenig bekannt, da es medial wenig dargestellt wird.
Dass Tatverdächtige ab 15 Jahren und noch jünger tatsächlich ins Visier von Ermittlungen geraten, zeigt der aktuelle Fall einer Razzia wegen Missbrauchsdarstellungen in Hessen. Auch die Polizei Dortmund hat im Jahr 2021 gegen 400 Jungen und Mädchen ermittelt, manche erst zwölf Jahre alt.
Schwer zu ermitteln sind die betroffenen Minderjährigen dabei nicht, denn sie wissen oft nicht, dass sie sich strafbar machen, und versuchen deswegen auch nicht, digitale Spuren zu verwischen. Angesichts der hohen Zahl von tatverdächtigen Teenagern sagen selbst die Strafverfolgungsbehörden, dass die drastischen Konsequenzen der Gesetzesänderung von 2021 zu weit gehen und dringend korrigiert gehören. Nach dem Fall einer Lehrerin, die wegen eines strafbaren Nacktvideos einer Schülerin vor Gericht angeklagt ist, hatte Justizminister Marco Buschmann angekündigt, das Gesetz umgehend reformieren zu wollen.
Tja, es trat wenig ueberraschend genau das ein, vor dem vorher als offensichtlichem Problem gewarnt wurde.
Konsequenzen fuer die verantwortlichen in Politik und Polizei: keine.
Konsequenzen fuer Betroffene: zT erheblich und weiter steigend.
Konsequenz der meisten Medien: Totalversagen, wie fast immer.
Auch wenn es legal ist für ab 14 Jährige sowas unter Gleichaltrigen zu verbreiten, so ist es das letztendlich doch nicht.
Jeder Mensch kann in einer so jungen Person ganz einfach eine unter 14 Jährige sehen. Das tatsächliche Alter spielt juristisch nämlich keine Rolle.
Jetzt versucht man die Intimität von Minderjährigen untereinander zu dämonisieren. Während gleichzeitig Sexualkunde unterrichtet wird. Nein, komm hör auf. Kannst du nicht ernst nehmen.
Dafür BKA-Moneten verschwenden, weil wenn die Schulen das machen, würde es ja politisch werden… oder wie denkt man sich das zurecht?
Wenn es interessiert: außer dem Fall der Lehrerin aus NRW gab es auch den Fall einer Mutter aus München. In beiden Fällen haben die vorsitzenden Richter ein Normenkontrollverfahren beim BVerfG für notwendig erachtet. Beide Vorlagen wurden als unzulässig abgelehnt.
Link: https://www.rechtslupe.de/allgmeines/kinderpornografie-und-die-mindeststrafe-von-einem-jahr-3239932
Das BVerfG weist allerdings explizit nochmal darauf hin, dass es sich schon nach dem Wortlaut des Gesetzes um einen „pornographischen Inhalt“ handeln muss. Es wirkt dabei ein bisschen wie der Wink mit dem Zaunpfahl des BverfG an die Amtsrichter, dass diese sich selbst mit ihren vorliegenden Fällen auseinandersetzen sollen und dann eine Entscheidung treffen müssen, und nicht per Normenkontrollverfahren alles aufs BVerfG abschieben sollen. Das soll meiner Meinung nach wohl soviel heißen wie: Ein einfaches Nacktbild muss nicht unbedingt unter den §184b fallen, man kann als Richter auch anders entscheiden. Das steht dann allerdings im Gegensatz zur Ansicht vieler Kinderschutz-Organisationen und Politiker, die in jeder Form der Nacktheit bereits Pornografie erkennen, gerade wenn es um Kinder geht.
Insbesondere, und das wird in Zukunft beim Thema Pornografie noch sehr interessant werden, entscheiden Richter häufig danach, ob der Inhalt für den Betrachter „erregend“ sein kann. Nach dieser schwammigen Definition braucht es natürlich überhaupt gar keine Nacktheit für Pornografie. Somit fallen potentiell alle Abbilder von Kindern in einem einmal eröffneten Verfahren darunter. Achtung! Ich schrieb „alle“ nicht „jedes“. Der Unterschied ist, dass Politiker und Richter immer argumentieren können: „Es gibt natürlich auch ungefährliche Abbildungen“ aber potentiell Betroffene (vulgo: alle) gar nicht abschätzen können welche Abbildungen ein Richter in Zukunft denn mal als doch „erregend“ einstufen wird.
Tja, so ist das, wenn man sich von objektiven Fakten zum „gefühlten Recht“ hinentwickelt. Stichwort: „Anscheinspornografie“.
Es ist komisch das als schutzwürdiges Kriterium ein „erregender“ Inhalt gewählt wird anstatt solche, welche beim Kind Schäden (mental & körperlich) verursachen. Das ist doch völlig subjektiv?
Ein auf viele ganz normal wirkendes Foto kann jemand anderes „erregen“ z. B. weil diese Person einen Fetisch hat o. ä.
Der Begriff ist ebenfalls an die Gesellschaft gekoppelt, so dass in einer paranoiden, sehr vorsichtigen und aufgeklärten Gesellschaft ein normales Nacktbild, oder Strandfoto bereits als „schädlich“ angesehen wird. Das könnten Menschen als Masturbationsvorlage nehmen! Es geht prinzipiell also darum, was bestimmte Personengruppen erregen könnten, nicht ob ein Schaden entstanden ist.